Splätterli goes Shakespeare

Das Schlimmste, was in einem Chaschperlitheater normalerweise passiert, ist dass der freche Kerl mit der roten Zipfelmütze jemandem einen harmlosen Streich spielt. Nicht so im Splätterlitheaters. Hier kokst der Chaschperli vor dem Auftritt hinter dem Vohang, gerät dann ziemlich schnell in eine Lawine und wird als Sexspielzeug missbraucht, andere Puppen begehen Selbstmord, werden geschändet oder umgebracht. Das neue Stück «Metzgete in Anusblietschwil» des Splätterlitheaters polarisiert: «Fantastisch» finden die einen, «primitiv und pubertär» die anderen. Basieren tut es auf einem Klassiker der Weltliteratur: «Titus Andronicus» von William Shakespeare. Mehr dazu gibts hier.

 Das Splätterlitheater zeigt «Metzgete in Anusblietschwil» von Donnerstag 2. bis und mit Sonntag 5. November im Schlachthaus Theater.

Extremsituation Casting

Castings gehören zur täglichen Arbeit von Schauspielenden – und trotzdem können sie eine Tortur sein. Der «Extremsituation» Casting hat der deutsche Regisseur Nicolas Wackerbarth nun einen Film namens «Casting» gewidmet. Darin sucht Regisseurin Vera die Idealbesetzung für ihr Remake von Fassbinders «Die bitteren Tränen der Petra von Kant». Doch kurz vor dem ersten Drehtag und nach zahlreichen Castings hat sie die Hauptrolle immer noch nicht gefunden. Produzent und Team sind kurz vor dem Verzweifeln.

lardi_castingWackerbarths «Casting» wirft einen schonungslosen Blick in die Abgründe menschlicher Beziehungen, die gesteuert sind durch Macht, Leidenschaft und Verzweiflung. Ganz nebenbei fördert Wackerbarth auch bittere Wahrheiten über Kräfteverhältnisse und Abhängigkeiten in der deutschen Fernsehbranche zu Tage.

Mit dabei in «Casting» ist auch die gebürtige Bünderin Ursina Lardi. Ursina Lardi lebt seit langer Zeit in Berlin, hat in zahlreichen Theater-, Fernseh- und Kinofilmen mitgewirkt und taucht auch immer mal wieder am Sonntagabend in einem Tatort auf. Castings könnten tatsächlich eine sehr unangenehme Sache sein, erzählt Ursina Lardi im Telefoninterview.

Kunst aus Meeresmüll

2030 wird mehr Plastik im Meer schwimmen als Biomasse. Welche Auswirkungen dies auf die Menschen haben wird, lässt sich nicht genau beziffern. Fakt ist, dass schon jetzt zuhauf Meerestiere gefunden wird, deren Mägen voll mit Plastikteilchen sind. Via Nahrungskette landen Mikro-Kunststoffteilchen dann auch in unseren Mägen. Gesund sein kann das nicht.

Auf die Plastikmenge in den Weltmeeren will der Berner Künstler Harald Reichenbach aufmerksam machen, das Mutterschiff hat hier ausführlich über sein Projekt berichtet. Mit seinem 14,5 Meter langen und 4,3 Meter breiten Einmaster kreuzt Harry einmal rund um die Weltkugel, wo immer er Halt macht, wird an den Stränden Müll gesammelt und zu Kunst verarbeitet. Der Erlös aus dem Verkauf der G-Cubes, also den gepressten, 10x10x10x cm grossen Harz-Würfeln, kommt Projekten zu Gute, welche nachhaltiges Müllmanagement betreiben. Darüber hinaus bindet Harry, wo auch immer er anlegt, die lokale Bevölkerung in sein Kunstprojekt mit ein und produziert zum Beispiel mit Schülern G-Cubes. Losgesegelt ist Harald Reichenbach am 20. September in Marseille, mittlerweile ist er offfenbar auf den Kanarischen Inseln angelangt, wo auch die lokale Presse auf ihn aufmerksam geworden ist.

Harry Reichenbachs Reise kann hier mitverfolgt werden.
Für KulturStattBern

Zimouns Mikrorhythmen

Die grobmotorigen Tinguely-Skulpturen werden den meisten ein Begriff sein – den Namen Zimoun dürften die wenigsten kennen. Das hat damit zu tun, dass sich Zimoun auf einem Terrain bewegt, welches nicht vielen zugänglich ist. Der 40-jährige Berner errichtet mächtige und doch filigrane Klanginstallationen, ist für sein Schaffen mehrfach ausgezeichnet worden und geniesst international ein grosses Renommee. Im Orbital Garden baut Zimoun nun für einmal keine Installationen, sondern produziert mit seinem Bass Mikrorhythmen.

Shnit en miniature

Während es in der Heiliggeistkirche bei der offiziellen Eröffnung des Kurzfilmfestival Shnit wohl eher förmlich zu und her gegangen sein dürfte, kamen in der Aula des Progr die jungen Wilden zum Zuge. Oder besser gesagt: Die jungen Wilden und Frau Feuz. Letztere war nämlich kurzfristig aufgeboten worden, die Slam Movie Night zu moderieren, weil dem vorgesehenen Host die Stimme abhanden gekommen war.

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#ladiespower

Die Slam Movie Night fand gestern bereits zum 10. Mal im Rahmen des Shnit statt. Grundsätzlich ist so eine Nacht eine äusserst unterhaltsame Angelegenheit, die aus zwei Teilen besteht: Im ersten Block gibts heiteres Filmeraten, wozu kurze Clips gezeigt werden, in welchen ein Team auf unorthodoxe und unkonventionelle Art und Weise eine Szene aus bekannteren oder auch unbekannteren Filme nachspielt. Im zweiten Teil traten gestern Abend insgesamt acht Kurzfilme um Ru(h)m und Ehre an. Das Publikum kann mit Buhrufen oder Klatschen dafür sorgen, dass ein Film frühzeitig abgebrochen wird oder in die Finalrunde gelangt. Im Zweifelsfall entschied die mehr oder weniger kompetente Jury bestehend aus Mister Jonny Bunko von Boys on Pills, Jessica Zuber von den KSB-Sisters-in-Crime Bärner Meitschi und einer Publikumsvertreterin. Insgesamt fünf Filme schafften es gestern ins Finale.

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Spass und zwar JETZT!

Wer schon einmal an einem regnerischen und kalten Tag an einem leeren Vergnügungspark vorbeigekommen ist, der weiss, wie skurril und beelendend eine solche Szenerie sein kann. Keiner da und trotzdem blinken und flimmern alle Lämpchen und machen klar, dass es hier um Spass geht. Und zwar JETZT.

Diese aufgezwungene «falsche» Spassigkeit, sei für sie durchaus ein Sinnbild für unsere Gesellschaft, sagt Annalena Fröhlich, eine Gesellschaft, in der einem befohlen werde, Dinge zu tun, die sich eigentlich nicht befehlen liessen. Relax! Have fun! Sei glücklich! Zusammen mit ihrem Ensemble deRothils hat die 33-jährige multidisziplinäre Künstlerin «Park» erarbeitet, ein Stück, welches sich der Vergnügungssucht oder besser gesagt deren Schattenseiten, der Volksverblödung, annimmt. Im Park von deRothfils wird nämlich hinter die glitzernde Fassade geschaut, dem Publikum wird ein ganz und gar unglamouröser Backstage-Bereich mit Ballonfetzen, kaltem Neonlicht, abgewetztem Sofa und Kaffeemaschine geboten. Hören tut die Zuschauerschaft allerdings die Kakophonie der Spassgesellschaft, die sich nebenan im Park vergnügt.

«Park» ist kein neues Stück, sondern wurde im Januar 2016 in der Dampfzentrale uraufgeführt. Dank einem Stückentwicklungsbeitrag des Kantons Bern hat die Truppe aber die Möglichkeit bekommen, ihre multidisziplinäre Choreografie noch volle zwei Wochen feinzuschleifen. Es sei relativ selten der Fall, dass man diese Chance erhalte, sagt Annalena Fröhlich. In ihrem Fall habe es dazu geführt, dass «Park» nun radikaler und straffer daherkomme. Schön, wenn in einer Welt, die auf Moment getrimmt ist, etwas eine zweite Chance erhält und Zeit auf Details und Ausarbeitung verwendet werden kann, nicht?

«Park» von und mit deRothfils wird von Donnerstag 19. bis Sonntag 22.10. im Tojo der Reitschule gezeigt.

Für KulturStattBern und Radio Rabe

Ein Toter im Botanischen Garten

freiDer letzte Fall, in welchem Schriftstellerin Regine Frei Senior Robert Hofer zum Einsatz kommen liess, liegt zwei Jahre zurück. «Finale im Nebel» hiess der Krimi, in welchem ein Toter am Zibelemärit und ein Senior mit Gedächtnislücken für Verwirrung sorgten. Frei zeigte darin eindrücklich die Verunsicherung, welche eine Krankheit wie Demenz bei Betroffenen und in deren Umfeld auslösen kann. Für ihren neusten Krimi-Streich «Gute Nachbarn» hat sich Frei ein weit weniger dramatisches Oberthema vorgenommen: Nachbarschaft.

Die ganze Rezension in Der Bund vom 16.10. gibst hier zu lesen.

«Kinder der Nacht» am Shnit

shnit15 Jahre ist es her, seit in der Reitschule ein paar eingefleischte Filmfans zusammenkamen, um ein Festival für den kurzen Film zu lancieren: die Geburtsstunde des Kurzfilmfestival Shnit. Was einst klein und lokal begann, wird heute weltweit in acht verschiedenen Ländern ausgetragen, nebst der Schweiz auch in Thailand, Argentinien, China, Ägypten, Südafrika, Russland und Costa Rica.

Das Shnit ist eine wichtige Veranstaltung für junge Regisseure und Regisseurinnen, weil diese bei einem solchen Festival ihre ersten Werke einer breiten Öffentlichkeit vorführen können. Einer dieser Jungregisseure ist Kim Allamand. Der 29-jährige Luzerner zeigt bei Shnit sein Bachelorfilm Kinder der Nacht, ein eindrückliches Kurzdrama rund ums Thema Suizid bei Jugendlichen. Zu hören gibts den Beitrag hier.

«Wrestling with the Algorithm»

Nach Wikipedia ist ein Algorithmus «eine eindeutige Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems». Ein Algorithmus ist also etwas absolut Logisches, das nach bestimmten Gesetzen funktionert. Musik gilt auf der aneren Seite als Inbegriff des persönlichen emotionalen Ausdruckes. Wie also können Algorithmen und Musik zusammenfinden?
Auskunft geben Tobias Reber, Annie Rüfenacht (Berg & Berg) und Veronika Klaus. Gemeinsam werden die drei mit MS20 mini-Synthesizern und Computern bei der Veranstaltung «Wrestling with the Algorithm»  der IGNM Bern das Stück «Pulse Width Modulation» spielen. Mehr dazu gibst hier.

«Lasst die Alten sterben»

Ein wichtiger Teil des Erwachsenwerdens ist die eigene Identitätsfindung. Das heisst: Teenager müssen rebelliert. Was aber, wenn die Eltern so cool und liberal sind, dass nicht wirklich gegen sie rebelliert werden kann? Dieser Frage geht der Berner Filmemacher Juri Steinhart in seinem ersten Spielfilm nach. «Lasst die Alten sterben» heisst Steinharts Debut und ist einerseits eine Zustandsanalyse der Generation Zuckerwatte – also derjenigen Generation, die alles hat und ein Leben in kitschig-süsser Harmonie lebt. Andererseits ist «Lasst die Alten sterben» aber auch eine Hommage an die Punkbewegung der 80er-Jahre.

Der Film läuft ab Mittwoch 11. Oktober im Kino Rex, Bern.