Eins auf Ohren und Augen

#BernNotBrooklyn: Bern ist zwar nicht Brooklyn, aber hey, auch in der Hauptstadt ist nachts mächtig was los.

Beim Mini-Festival «Dem Hasen auf die Ohren» gab’s gestern Abend im Kairo bei Blind Butcher nicht nur eine Ladung High-Speed-Country-Disco-Punk auf die Löffel, sondern auch ordentlich eins auf die Augen. Nebst dem glitzerroten Stabheuschrecken-Einteiler des Herrn Blind Banjo trumpfte gestern Herr Oklahoma Butcher mit silbernen Leggins auf, deren spitze Schuppen jeden Dranchen vor Neid erblassen lassen würden. Und wahrscheinlich auch jeden Selbstkasteiungs-Fetischisten, denn die Hose aussen nach innen getragen, macht jeden Bussgürtel zum lächerlichen Pipifax-Kinderspielzeug. Ob man das Zeugs auch waschen kann? Und wo haben die Kerle bloss immer ihre Outfits her? Irgendwie will man es nicht wissen.

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Augenweide & Eselpisse

Es war gestern Abend im Rössli eine Freude, den Herren Blind Butcher beim Verrichten ihres Handwerks zu lauschen, zumal es ja durchaus erstaunlich ist, was das Luzerner Duo aus gerade mal zwei Instrumenten (ok, und einem Drum Pad) rausholt. Gitarrist Christian Aregger und Schlagzeuger Roland Bucher sind halt einfach auch tami gute Musiker, die ihre Instrumente einwandfrei und mit äusserster Präzision zu bedienen wissen. Musikalisch fabrizieren Blind Butcher eine schwer einordenbare Mischung aus Hi-Speed-Country, Sludge-Techno und Elektro-Rock und legen einen Druck und Zug an den Tag, dass es eine wahre Freude ist. Das sind im Übrigen auch die Outfits der Herren. Der Gitarrist hatte sich gestern in einen hautengen Einteiler gezwängt, der mit seinem dunkelroten Schimmer an eine Weihnachtsbaumkugel erinnerte – wobei man aufgrund von Herrn Areggers Posture wohl eher von einer Weihnachtsbaumstabheuschrecke sprechen müsste. Der Herr Schlagzeuger trug derweilen ein neckisches Glitzerjäcken und Leggins, die bei längerfristiger Betrachtung garantiert Augenkrebs verursachen.

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Nach Blind Butcher hätte man dann eigentlich getrost nach Hause gehen können, denn was die Herren von The Computers im Rössli anstellten, war, mit Verlaub, unter aller Kanone.
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Kuba Caliente vs. Zürcher Hardcore

Es ist eine seltsame Mischung, die zur Zeit aus Johannes Hartmanns Wirkungsstätte gleich neben Frau Feuz’ Schreibwerkstatt erklingt: mal tuten lebensfrohe Cumbia-Bläser in ihre Trompeten, dann wieder dröhnen verzerrte Gitarren und Urschreie aus der Schnittkammer des Berner Filmemachers. Die Affiche lautet Caliente vs. Hardcore oder Kuba vs. Vale Tudo.

VT Tour Diaries Cuba 2015 – Episode 2 from Decoy Collective on Vimeo.

Bereits vor zwei Jahren haben sich die vier Hardcore Heavyweights aus Züri eine ungewöhnliche Destination für eine Konzertournee ausgesucht: Marokko. Mit im Gepäck hatten sie damals den Berner Filmemacher Johannes Hartmann, der über das Abenteuer in Nordafrika einen Dokumentarfilm drehte (KSB hat hier darüber berichtet). Nun hat sich Hartmann wieder mit der illusteren Truppe in einen Flieger gesetzt, dieses mal mit Destination Kuba, wo die Mannen acht Shows zu spielen gedachten.

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Bürgermeisterliche Euphorie

Die Postrocker von Caspian werden zu Hause wie Helden gefeiert. Zu recht. Denn auf ihrem vierten Album demonstriert die Sechserschaft aus Massachusetts, dass ihr Genre noch nicht dem Tod geweiht ist.

Im grossräumigen Amerika darf Beverly mit seinen 40’000 Einwohnern durchaus als Nest bezeichnet werden. Ein Nest, über welches ein musikvernarrter Bürgermeister wacht. Nicht anders ist zu erklären, mit welcher Euphorie Michael P. Cahill, seines Zeichens Ammann von Beverly, den 18. Oktober 2014 zum offiziellen Caspian-Day ausrief und der gleichnamigen Sechserformation mit offizieller Proklamation überschwänglich zum 10-jährigen Geburtstag gratulierte. Caspian mache fantastische Musik und dass Beverly deren Heimatstadt sei, erfülle die Gemeinschaft des Städtchens nördlich von Boston mit grossem Stolz.Caspian-day
Das öffentliche Sympathiebekenntnis ist insofern doppelt beachtlich, als dass Caspian nicht unbedingt der massentauglichen Spielart von Rock zugetan sind.

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Schlitzohriger Schalk

In ihrem neuen Programm «Zunder» entzücken Schertenlaib & Jegerlehner mit schräg-poetischen Mundart-Liedern und melancholischem Witz.

Sowohl Fels in der Brandung als auch Klumpenrisiko sei er, sagt Jegerlehner über Bühnenpartner Schertenlaib. Seit 12 Jahren sind Gerhard Tschan und Michel Gsell als musikalisches Kabarettisten-­Duo Schertenlaib & Jegerlehner unterwegs und unterhalten mit liebevoll-skurrilen Liedern und poetisch-melancholischen Gedichten. «Zunder» heisst das neue Programm der Multiinstrumentalisten – und dieser Titel passt insofern bestens zum dritten Bühnenstück der Salzburger-Stier-Preisträger, als dass beide gerne verbal zeuseln.
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Im richtigen Leben seit der Schulzeit befreundet, benehmen sich Schertenlaib & Jegerlehner auf der Bühne wie ein altes Ehepaar. Man liebt und neckt sich, kennt jede Macke des anderen, regt sich auf und ärgert einander absichtlich, um sich zum Schluss dann doch wieder in den Armen zu liegen.
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Live-Vertonung von Stummfilm-Meilensteinen

Was zum Teufel ist bloss los mit dieser Stadt?! Da bietet Film und Musik Live-Vertonungen von Klassikern der Filmgeschichte und gerade mal 20 Nasen finden den Weg in die Grosse Halle. Hallo?! Liegt es am Ort? Oder will man nichts davon gewusst haben? An Buster Keaton kann’s ja wohl unmöglich liegen, denn dessen Filme gehören nachwievor zum besten, was die Stummfilm-Ära zu bieten hat.

Mehr zu Buster Keaton und dem Programm von Film und Musik gibt’s hier:
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Lo-Fi-Kummer-Modus

twogallantsEin bisschen zu weinerlich sei ihm die ganze Angelegenheit, liess der Herr Kollege beim nachmittäglichen Aare-Schwumm verlauten. Die Rede war von den Lo-Fi-Rockern Two Gallants. Hätte er bloss nichts gesagt.

Mehr zum Konzert des kalifornischen Duos im Bad Bonn Düdingen gibts hier zu lesen.

«Ice-motherfucking-T-bitch!»

bodycount Was heute ein alter Zopf ist, war in den frühen 90er-Jahren eine Revolution sondergleichen in der Musikgeschichte. Ein Rapper namens Ice-T, der sich mit diversen Sprechgesangs-Platten bereits einen Namen gemacht hatte, tat sich mit vier Gesinnungsgenossen zusammen und kreuzte fortan Musikstile, die auf den ersten Blick so gar nicht zusammenpassen wollten: Hip Hop, Heavy Metal und Hardcore Punk. Body Count, so der Name der Combo, brachten 1992 ihr gleichnamiges Erstlingswerk auf den Markt und einer ganzen Horde Teenagern – inklusive Frau Feuz – kam dieses Album einer musikalischen Offenbarung gleich. Letzen Donnerstag war Ice-T mit seinen Body Count im Z7 in Pratteln zu Gast. Mehr dazu hier.