Verkohlte Leichen in Bern

fehlschussThomas Bornhausers erster Roman «Fehlschuss» ist ein detailreicher Krimi, der vom Bremgartenwald bis nach Warschau führt. Und von der Pfadi bis zur Börse.

Selbstvertrauen sei schliesslich der Schlüssel zum Erfolg, kommentiert Thomas Bornhauser im Nachwort seines ersten Krimis «Fehlschuss» die Tatsache, dass er in den 90er-Jahren einen ersten Entwurf seiner Geschichte an die ARD schickte, in der Hoffnung, dieser möge als Grundlage für eine Tatort-Folge dienen. Mit sympathischer Selbstironie hält Bornhauser weiter fest, dass es der ARD hoch anzurechnen sei, dass diese ihm überhaupt geantwortet habe, sei doch sein damaliger Entwurf ein strukturloses «Chaos pur» gewesen. Über 20 Jahre später bringt nun Bornhauser seinen «Fehlschuss» als Krimi in Buchform heraus, wobei er offensichtlich viel Aufräumarbeit geleistet hat.

Erschossen in der Marktgasse
Gleich zu Beginn wird in «Fehlschuss» nahe dem Glasbrunnen im Bremgartenwald ein ausgebrannter Ferrari mit zwei verkohlten Leichen gefunden. Wie sich herausstellt, gehört der Wagen Thomas «Tomcat» Kowalksi, einem Berner Rotlicht-Milieu-König, dem aufgrund seiner unzimperlichen Art ein gewisser Ruf vorauseilt. Drei Tage später wird in der Marktgasse der Anlageberater Arthur Aufdermauer auf offener Strasse erschossen. In der Folge machen sich Joseph «JR» Ritter, Dezernatsleiter Leib und Leben bei der Kantonspolizei, und sein Team an die Aufklärung der Fälle, wobei sich im Verlaufe der Ermittlungen herausstellt, dass die beiden Geschehnisse irgendwie in Zusammenhang stehen. Die Frage ist bloss, in welchem.

Bornhausers «Fehlschuss» ist ein äusserst detailreiches Stück Krimi. So lassen sich nebst Informationen zu Berner Gepflogenheiten, teils realen Personen, Geschäften und Restaurants auch Angaben zu intelligenten Gewehren, illegalen Sportwetten, Online-Casinos und polnischer Staatsgeschichte finden. Die Pfadi wird als Wiege der Kaderschmiede von Wirtschafts- und Politik-Elite ebenso ausführlich thematisiert, wie High Frequency Trading und Daytrader (beides Begriffe aus der Börsenwelt). Passend zur Detailfülle ist auch das Gebaren des Erzählers. Dieser ist eine omnipräsente Plaudertasche, die den Touristenführer gibt, mit dem eigenen Wissen blufft und das Geschehen gerne salopp kommentiert, was oft lustig ist, phasenweise aber auch ermüdet.

Ironie der überdeutlichen Sorte
Bornhauser gelingt es in seinem ersten Roman eine eigentümliche Spannung zwischen Internationalität – amerikanische Finanzinstitute sind ebenso Thema wie die Warschauer Staatspolizei – und behäbigem Berntum aufzubauen; letzteres wird durch die Verwendung vieler Mundartausdrücke und Helvetismen veranschaulicht. Sprachlich ist «Fehlschuss» nicht immer ganz gelungen. So wirken die vielen Partizipialkonstruktionen etwas unbeholfen und Ironie und Witz würden besser funktionieren, wenn man sie nicht auch noch explizit als solche ausweisen würde.

Bornhauser hat seinen «Fehlschuss» so gut «aufgeräumt», dass dieser als Krimi nun insgesamt gut funktioniert. Allerdings wurde da teilweise fast zu viel gebündelt und geordnet, stehen doch einige Kapitel, die jeweils einem bestimmten Thema gewidmet sind, nun unverknüpft in der Plotlandschaft. Werden diese noch stimmig ins Ganze eingebunden, dürfte wohl auch einer Tatort-Folge nichts mehr im Wege stehen.

Thomas Bornhauser, Fehlschuss, Werd & Weber Verlag, 167 Seiten, ca. Fr. 40.-
Der Bund, 16.12.15