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«Freund von Zucht und Ordnung»
Weder geizt Lisa Eckhart mit schwarzem Humor noch mit politischen Unkorrektheiten. Die 27-jährige Österreicherin gewann 2016 als zweite Frau die österreichische Poetry-Slam-Meisterschaft und hat dieses Jahr nebst dem deutschen Kabarett- und Kleinkunstpreis auch den Salzburger Stier verliehen bekommen. Vor zwei Wochen hatte Lisa Eckhart einen Kurzauftritt in der SRF-Late Night Show «Deville» – nun ist sie mit ihrem zweiten abendfüllenden Kabarett-Programm «Die Vorteile des Lasters» in Bern zu Besuch.
Frau Eckhart, ich habe irgendwo gelesen, dass Sie Ihre eigene Bühnenpräsenz mit der von Klaus Kinski vergleichen und …
Moment, das stimmt so nicht. Ich habe einmal gesagt, dass ich die Figur Kinski für ihre Flamboyanz bewundere. Einen Vergleich fänd ich anmassend. Da müsste ich zuerst noch einiges zulegen an cholerischer Attitüde, die mir nicht so eigen ist.
Eine gewisse Strenge legen Sie aber schon auch an den Tag bei Ihren Auftritten.
Ja. Ich bin ein grosser Freund von Zucht und Ordnung. Ich verstehe zum
Beispiel den Bühnengraben auch metaphorisch. Das hiesst, dass ich nicht
versuche, mich mit dem Publikum zu verbrüdern, weil ich diesem die
Freude nicht nehmen möchte, zu einer Figur hochschauen zu dürfen. Bin
ich selber in der Zuschauersituation, möchte ich das auch so haben. Ich
will nicht jemanden vor mir haben, der versucht, sich mit mir auf
Augenhöhe zu unterhalten, sondern die Person soll mich in dem Moment
befehligen. Ich glaube, es ist für alle Beteiligte lustvoller, wenn
Ordnung herrscht und eine Front gezogen wird.
Hier gehts zum ganzen Interview mit Lisa Eckhart (Der Bund 28.11.19) und hier zum Radio-Interview mit der Dame (RaBe 2.12.19)
«Ich vermisse die kollektive Ekstase»
Simon Reynolds ist der Pophistoriker schlechthin und warnte einst vor der Nostalgiesucht. Nun sorgt er für Aufruhr in der Welt der elektronsichen Musik – und tappt dabei selber in die Retrofalle.
Herrje, Herr Reynolds, wie sehen Sie denn aus?!
Ich habe mich in Hamburg übel erkältet. Und die Tour durch diverse Bars
nach der Lesung hat mir dann noch den Rest gegeben. Es gibt einfach
viel zu viele Versuchungen in diesem Hamburg.
In irgendeiner der Hamburger Bars schallte bestimmt ein Heuler aus vergangenen Jahrzehnten aus den Boxen. Sind wir immer noch so nostalgisch unterwegs, wie Sie einst in Ihrem Buch «Retromania» schrieben?
Jein. Einerseits orientieren sich nach wie vor viele Musiker und Musikerinnen an alten Stilen und Klängen. Ausserdem tun sich ständig alte Bands wieder zusammen, um ihre alten Hits zu spielen. Für Festivals und Bands sind solche Wiedervereinigungen finanziell interessant, weil deren Fans ja mittlerweile älter geworden sind und saftige Eintrittspreise zahlen können. Streaming-Dienste wie Youtube oder Spotify ermöglichen zudem, dass man ständig zwischen verschiedenen musikalischen Epochen hin- und herdriften kann. Retro ist also immer noch ein Thema. Gleichzeitig empfinde ich diese Orientierung am Alten aber nicht mehr als ganz so erdrückend, weil wieder mehr Neues passiert, natürlich vor allem in der Welt der digitalen Musik.
Hier gibts das ganze Interview mit Simon Reynolds (Der Bund / Tages-Anzeiger 18.11.19)