Das muss mehr Schub!

Sie hatten am Mittwochabend einen schweren Stand, die vier Herren und die Dame von Esmerine bei bee-flat im Progr, denn draussen sass es sich an diesem warmen Frühlingsabend gut unter den lauschigen Bäumen. Und doch fand sich dann auch eine handliche Anzahl Eingefleischter in der Turnhalle ein, um dem dramatischen und schwermüten Kammer-Doom des Quintetts aus Montreal zu lauschen. Um es gleich vorneweg zu nehmen: Mit dem bandeigenen Mischer wird Frau Feuz nicht Freundin. Zumindest nicht in diesem Leben.

Jesus? Nein. Wenn auch musikalisch fast: Multiinstrumentalist Brian Sanderson mit Esmerine.

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Bei Esmerine sind Mitglieder von Godspeed You! Black Emperor und Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra am Werk, also von Bands, die der innovativen Post-Rock-Szene im kanadischen Montreal entsprungen sind. Will heissen: Rebecca Foon (Cello), Bruce Cawdron (Marimba), Jamie Thompson (Perkussion), Jérémi Roy (Bass) und Multiinstrumentalist Brian Sanderson verstehen ihr Handwerk. Wie das Quintett bittersüss-melancholische Streicherklänge über einen repetitiven und hypnotischen Marimba-Teppich legt, Melodiethemen aufbaut, variert, zu epischer Grösse aufbläst oder zerfledder lässt, ist schlichtweg fantastisch und ergreifend.

Was Esmerines Drone-Kammermusik ausmacht, sind einerseits die leisen, nackten Töne und die sphärischen, manchmal bedrohlichen Drone-Klänge, die sich auch bestens als Filmmusik eignen würden. Das Quintett spielt aber auch sehr bewusst mit Dynamik, leise werden mit wuchtigen und zarte mit mächtigen Klängen gepaart, kontrastiert oder gebrochen. In diesen Parts will man Bauch, Bombast, an die Wand gefahren werden! Und genau das vermochte der Mischer in der ersten Konzert-Hälfte überhaupt nicht zu bewerkstelligen. Sobald der Schlagzeuger ordentlich aufs Drum haute, hörte man nur noch Schlagzeug, alles andere soff ab oder rauschte undefiniert im Hintergrund. An die Dezibel-Polizei: Nein, es geht nicht in erster Linie um Lautstärke, sondern um Schub und um ein stimmiges Verhältnis.

Wenn Streicher involviert seien, werde die Mischerei halt sofort ungemein schwieriger, dozierte ein befreundeter Tontechniker während der Pause. Erschwerend komme noch dazu, dass die Band erst zwei Stunden vor Auftritt im Progr eingetroffen sei und ein anständiger Soundcheck nicht mehr drin gelegen habe, ergänzte der Veranstalter. Wenn Frau Feuz mit ihrer trümmligen Punk-Band irgendwo zum Musizeren aufgeboten wird, ist man meistens vier wenn nicht sogar sechs Stunden vorher vor Ort. Das müsste man doch eigentlich auch von einer Band erwarten können, deren Musik auf qualitativ einwandfreien Klang angewiesen ist, nicht? Sie merkens, oder? Aus mir spricht der Frust, denn die Vorfreude auf dieses Konzert war gross gewesen. Zur Verteidigung des Mischers muss allerdings auch gesagt werden, dass die zweite Hälfte dann viel besser, ja eigentlich schon ganz ordentlich klang. Freunde werden wir trotzdem nicht.