Fünf Fragen an Schöftland

bandfoto schoeftland 15_3Die Berner Lo-Fi-Liedermacher Schöftland fabrizieren experimentellen Folk und musizieren seit kurzem nur noch im Duo, bestehend aus Floh von Grünigen (links im Bild) und Stefan Rolli. Der 35-jährige von Grünigen schreibt nicht nur die deutschen Song-Texte, die zwischen sarkastischem aber trotzdem positiven Gestus und nücherner Touristsein-Melancholie zu verorten sind, sondern betätigt sich auch als Kunstmaler. Schöftland taufen am 18.9. im Café Kairo ihre Single «Nichts ist unmöglich», das erste Erzeugnis der neuer Duo-Formation.

Hier geht’s zum Kurzinterview:

Schöftland hat von einer 5-Mann-Kombo auf Duo-Formation abgespeckt. Ein klassischer Fall von Rockstar-Zerwürfnis?
Nein. Bloss waren Interesse und Engagement nicht mehr bei allen Mitgliedern gleich gross. Mit über 30ig und Familie überlegt man sich natürlich zweimal, wie viel Zeit in eine Band investiert werden soll, mit der sich kein Geld verdienen lässt. Ich selber habe keine Kinder und ich vermisste den Elan der Anfangszeiten. Und ausserdem war für mich musikalisch die 5er-Rock-Formation nicht mehr passend, denn eigentlich brauchen meine Texte keinen grossen Musikrahmen.

In Zweier-Formation ist jetzt aber nichts mehr mit durchnuscheln, wenn der Text vergessen geht, oder?
Tatsächlich hat der Text jetzt mehr Gewicht und Raum. Das stimmt aber für mich, denn schliesslich erzähle ich Geschichten, die auch gehört werden sollen. Mit einer Band muss ich als Sänger zwar weniger präsent sein, dafür müssen die Musiker mit Zwischenteilen oder Solis «beschäftigt» werden. Das hat irgendeinmal nicht mehr zu meiner Vorstellung von Schöftland gepasst. Wir sind zu zweit leiser und minimaler geworden, mussten dafür aber die Einfachheit erst wieder neu entdecken.

Stellt sich musikalische Einfachheit nicht automatisch ein, wenn plötzlich drei Musiker weniger mittun?
Paradoxerweise ist es eben nicht zwingend einfacher, musikalisch abzuspecken, wenn weniger Musiker mitspielen. Man hat ganz im Gegenteil das Gefühl, es müsse mehr gemacht werden, eben genau weil man nur noch zu zweit ist. Das stimmt aber eigentlich nicht, denn gute Geschichten brauchen kein überbordendes Klangkleid. Somit mussten Stefan Rolli und ich neue, schlankere und luftigere Arrangements finden, wofür wir eine Art musikalische Spielwiese geschaffen haben, auf der wir NUN AN KONZERTEN beide mit Xylophon, Schlagzeug, Baritonsaxofon, Harmonium, Stromgitarre UND SYNTHESIZER experimentieren KÖNNEN.

Die neue Single «Nichts ist unmöglich» kommt nun aber gar nicht nackig oder minimal instrumentiert daher. Hat Schöftland Hitparaden-Ambitionen?
Ich mag Brüche. Und wir probieren gerne auch mal etwas komplett anderes aus. Für die Produktion von «Nichts ist unmöglich» haben wir uns mit Produzent Christian Häni zusammengetan. Das war enorm spannend, weil Schöftland ja eher in der Lo-Fi-Ecke zu verorten ist, während Häni weiss, wie man radiotaugliche Hits produziert. Klar wäre es schön, wenn uns die Radio-Stationen spielen würden. Die Hauptausrichtung von Schöftland soll aber die Liedermacherei sein und bleiben, die live in kleinen, nicht kommerziellen Clubs stattfindet.

Im Netz kann für Fr. 1.90 der Songs «Nichts kostet mehr» gekauft werden, der aus 1.32 Minuten Stille besteht. Wieso stellt Schöftland kaufbares Nichts online?
Wir haben uns überlegt, dass es ein schönes Experiment zum Thema «Nichts» wäre, digital Stille zu verschenken. Das Problem ist aber, dass bei I-Tunes nichts gratis angeboten werden darf. U2 wirft ganze Alben unentgeltlich auf den Markt und wir dürfen nicht einmal 1.32 Minuten Stille verschenken? Wie absurd ist das denn? Entsprechend haben wir den Spiess umgedreht und verkaufen die Stille nun 40 Rappen teurer als unseren normalen Song. Darum auch der Titel «Nichts kostet mehr».

Der Bund, 17.9.15